Sonntag, 15. Juni 2008

Einbandbestimmung

Einbandarten und -techniken im Laufe der Jahrhunderte
(Zusammenstellung aus "Einbandkunde" von Hans Zotter, 1999)


1. Einbandkunde allgemein

  • Einbände tragen wichtige Informationen über Geschichte und Besitzer eines einzelnen Buches.
  • Nur ein geringer Prozentsatz der Einbände ist künstlerisch aufwendig dekoriert worden!
  • Durch Auflistung und Erforschung des verwendeten Einbandmaterials können in weiteren Schritten Werkstätten ermittelt werden
  • Wichtige Einbandforscher: Paul Adam (Abhandlung zur Einbandthematik, 1890); Paul Schwenke (erstmals Forderung nach bibliothekarischer Aufarbeitung der historischen Einbände; Sammlung von Einbandabreibungen); Jean Loubier (Der Bucheinband in alter und neuer Zeit, 1904)
  • Ab 1926 gibt es für alle deutschen Bibliotheken allgemeine Beschreibungsrichtlinien für Einbände
  • Umfassende Einbandkataloge gibt es bis heute kaum!

2. Die Anfänge in der Antike

  • früheste Spuren einlagiger Kodizes aus Papyrus im 2. Jh. n. Ch.
  • im 3. Jh. erstmals Verwendung von Buchdeckeln
  • erst im 4. Jh. sind mehrlagige Kodizes beliebiger Stärke nachgewiesen
  • bis ins Mittelalter war Pergament der vorrangige Beschreibstoff; damit die Bögen sich nicht verziehen konnten, waren schwere Buchdeckel nötig
  • leichte Pappbände sind deshalb erst gegen Ende des Mittelalters mit dem Einsatz von Papierbögen nachzuweisen
  • der älteste erhaltene Einband stammt aus dem Anfang des 17. Jh.s und war mit Metall beschlagen

Prachteinbände

  • Die Bücher des liturgischen Gebrauchs galten als geheiligte Objekte und wurden deshalb oft mit Prachteinbänden versehen
  • Der Buchbinder erledigte hierbei nur die Vorarbeiten, die weitere Ausgestaltung übernahmen Goldschmiede, Elfenbeinschnitzer, Emailleure, etc.
  • im späteren Mittelalter verschwindet der Prachteinband langsam; spätere Sammlerstücke mit Metalleinband bleiben höchst seltene Fälle

3. Der mittelalterliche Ledereinband

  • Das mittelalterliche Buch ist üblicherweise in Leder auf Holzdeckeln gebunden.
  • Es werden 3 Hefttechniken unterschieden, von denen die ersten beiden eher selten sind (z.B. bei Archivalien): beim Kettenstich werden die Lagen nur durch den Heftfaden zusammengehalten; beim Langstich wird der Faden durch einen meist weichen Umschlag (Coperte) und durch die Rückenverstärkung aus Leder- oder Hornplatten geführt.
  • Am häufigsten ist die Heftung auf Bünde aus Leder-, Pergament- oder Hanfschnüren.
  • Die Schnüre wurden durch Bohrlöcher in die Holzdeckel (meist Buche oder Eiche) geführt und mit Holznägeln verpflockt.
  • Die befestigten Deckel wurden dann mit Wild-, Schaf- oder Rindsleder bezogen (Ziegen- und Schweineleder meist erst in der Renaissance).
  • Die Spiegel wurden mit Pergamentblättern beklebt.
  • Anbringung massiver Schließen zur Verhinderung des Verziehens des pergamentenen Buchblocks: als Dekoelement auch bei papiernen Büchern weiter verwendet.
  • Da das mittelalterliche Buch liegend aufbewahrt wurde, brachte man Beschläge auf den Deckeln an, um Abnutzung zu vermeiden.
  • Libri catenati (Kettenbücher): oft sind heute nur noch Befestigungsspuren zu sehen: die Ketten dienten als Schutz vor Diebstahl.
  • Oft wurde der Schnitt bearbeitet: Einfärbung, Vergoldung, Punzierung, Buchtitel-Aufschrift
  • Die Lederbezüge wurden dekoriert durch Prägungen mit Metallstempeln, Rollen, Platten und Streicheisen.
  • Lederschnitt: mit einem Messer von Künstlern oder Kunsthandwerkern in das Leder geschnittene Muster (Technik mit stumpfem Instrument: Lederzeichnung); Punzierung des Hintergrundes zur Tieferlegung, Verwendung von Füllmasse zur Erhöhung bestimmter Partien.
  • Die Lederschnitt-Technik ist bereits im 7. Jh. bekannt: Blüte im 15. Jh. im süddeutschen, böhmischen und österreichischen Raum, häufig auf hebräischen Handschriften
  • Motive der Lederschnitt-Technik: stilisierte Pflanzen, Tiere, heraldische Motive, ornamentale Schriften, Heilige, Engel
  • Blindpräge-Technik: häufigste Verzierung im Mittelalter
  • Lede Werkstatt hatte einen eigenen typischen Satz von Stempeln, der sich wenig änderte: mit Hilfe der Stempel können heute damalige Werkstätten identifiziert werden (siehe Einbandstempel-Datenbank); oftmals wanderten Stempel auch, wurden verkauft oder vererbt.

(... in Kürze mehr ...)

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